Als mir mit Mitte Zwanzig in meinem Job und meinem Alltag die Decke auf den Kopf fiel, packte ich meine sieben Sachen und machte mich als Backpacker in Richtung Südostasien aus dem Staub. Meine Wohnung hatte ich ebenso gekündigt, wie meinen Job.
Ich hatte nur ein Flugticket nach Bangkok mit späterem Weiterflug nach Sydney. Ein Rückflugticket gab es nicht. Meine Ersparnisse sollten so lange wie möglich halten. Mit dem letzten Groschen wollte ich von irgendwo das Rückflugticket kaufen.
Mein Credo lautete: Jeder Penny den ich unterwegs nicht ausgebe, hält mich länger auf Reisen. Das war der Beginn meines darauffolgenden Lebens als Backpacker. Eine Zeit, in der ich wahnsinnig viel erlebt habe, viel über mich selbst gelernt habe und an die ich viele schöne Erinnerungen habe. Erst ein gutes Jahr später kam ich zurück nach Köln.
Mittlerweile ist viel Zeit vergangen und ich reise nicht mehr als Backpacker. Warum? Nun, weil das Leben als Backpacker weiß Gott nicht aus Glanz und Gloria besteht. Nein, man muss des Öfteren die Zähne ganz schön zusammenbeißen. Heute gönne ich mir ein kleines bisschen mehr Komfort, denn auf einige Erlebnisse, die ich als Backpacker machen durfte, möchte ich heute ruhigen Gewissens verzichten.
Ich hasse Dorms
Ich bin keine Zimperliese. Wirklich nicht. Aber wenn man über Wochen, manchmal sogar Monate in einem Mehrbett-Zimmer mit bis zu neun anderen Mitbewohnern lebt, dann kann einem schon mal anders werden. Da wäre zum Beispiel das Paar, das nachts, ganz heimlich versteht sich, seinen Bedürfnissen als Paar nachgeht. Oder der Mitbewohner, der immer nackt schläft, weil es ihm halt so gefällt. Der andere Mitbewohner, der ständig furzt. Manch einer kotzt nach einer durchzechten Nacht auf den Boden oder lässt gebrauchte Kondome einfach liegen. Ein ganz anderer beklaut sogar alle seine Mitbewohner. Alles schon gehabt, deshalb mache ich heute einen großen Bogen um Mehrbettzimmer.
Backpacker sind ganz schlimme Pfennigfuchser
Backpacker auf Langzeitreisen sind extrem knausrig und feilschen um jeden Penny, als wenn es um ihr Leben geht. Mir ging es da leider manchmal ähnlich. Es ist so schlimm, dass es einem teilweise die Schamesröte ins Gesicht treibt. Absurd wird das Ganze, wenn es um Mini-Beträge geht. Oder wenn man sich die Laune dadurch verderben lässt, dass man irgendwo 10 Cent zuviel bezahlt hat. Zur Verteidigung muss allerdings gesagt werden, dass Backpacker natürlich keine normal reisenden Touristen sind. Sie müssen sehen, dass sie ihr Geld zusammenhalten, denn neues kommt ja nicht nach. Damit lässt sich dieses Verhalten zum Teil erklären. Peinlich ist es aber trotzdem. Heute möchte ich meine Pennies nicht mehr drei Mal umdrehen, wenn ich verreise.
Ernährung
In Asien habe ich gespeist wie Gott in Frankreich. Da konnte ich mir das leisten. Auch als Backpacker. In Australien war die Ernährung leider nicht mehr ganz so gesund. Dies lag nicht an dem Angebot in Australien, sondern an der Tatsache, dass man als Backpacker auch an Essen spart. So auch ich. Kennst Du Tüten-Nudelgerichte? Wenn Du als Backpacker in Australien warst, dann kennst Du sie. Ansonsten standen viele Schokoriegel und Tim Tams auf dem Programm. Das hatte zur Folge, dass ich wohlgenährt aus Australien wiederkam. Ich gebe zu, ich esse auch heute noch viele Süssigkeiten. Ansonsten achte ich aber auf eine ausgewogene Ernährung. Mit einem Tüten-Nudelgericht braucht mir auf der nächsten Reise keiner kommen.
Transport
Als Backpacker hat man viel Zeit und wenig Geld. Da ist es natürlich völlig ok, den Bus zu nehmen, der tagelang durch das südostasiatische Dickicht fährt. Als normal arbeitender Mensch hat man eher wenig Zeit und etwas mehr Geld. Da kann es dann ruhig auch etwas schneller vorwärts gehen, auch wenn es teurer ist. Die letztere Variante würde ich heute jederzeit bevorzugen. In meinem wertvollen Urlaub stundenlang im Bus sitzen? Ohne mich. Früher zu meinen Backpacker-Zeiten total normal.
Das Alter
Ich bin heute deutlich älter, als zu meiner Backpackerzeit. Dies ist sicherlich ein weiterer Grund, weshalb ich nun den komfortableren Weg gehe. Hinzu kommt, dass ich oft mit Kind oder Familie im Schlepptau unterwegs bin. Da hat man keinen Nerv auf Dramen, Pannen oder Stress.
Die Zeiten haben sich für mich geändert. Nichtsdestotrotz ist vieles noch gleich geblieben. Ich reise nach wie vor gerne kostenbewusst und individuell. Ich verreise aber durchaus auch mal pauschal mit meiner Familie. Bei letzterer Reiseform lasse ich es mir dennoch nicht nehmen, das Land zu erkunden. Ich möchte mich nicht auf eine bestimmte Art und Weise zu Reisen festlegen. Letztendlich hängt es doch immer von den Umständen, dem Ziel und von einem selbst ab, wo man landet und wie man seine Reise gestaltet.
Wie reist Du am liebsten? Hinterlasse mir einen Kommentar!
Zypresse says
Oh ja – ich bin definitiv auch kein Backpacker mehr. Dorm nein Danke, Bus oder Bahn kann sein, Rucksack manchmal, genauso oft aber auch Koffer oder Reisetasche.
Und ja, ich bin älter, mein Kreuz meldet sich manchmal, das Knie knirscht – kurzum: manches geht nicht mehr so wie mit Mitte Zwanzig. Und trotzdem möchte ich die Welt sehen, möchte ich das Fremde riechen, Geräusche hören und in fremde Kulturen eintauchen – nur bitte ein kleines wenig bequemer.
Zum Glück kann ichs bezahlen, muss nicht mehr auf jeden Cent achtgeben – und ganz ehrlich? Mal eine Nacht im tollen Hotel, ein Essen mit Sternen, das hat doch auch etwas, oder?
Sabine says
Hallo Zypresse,
tolle Hotels, tolles Essen? Na klar. Ich bin dabei. Dass das mehr Spaß macht, als in einem 10-Mann-Dorm zu schlafen und Tüten-Nudelgerichte zu essen, da dürfte mir wohl jeder zustimmen. Wenn man in der glücklichen Lage ist, einen Job zu besitzen und sich dies leisten zu können, ist es doch super. Backpacker auf Langzeitreise haben dafür andere Vorteile. Sie sind halt länger auf Reisen, sehen mehr und erleben mehr, als dies in einem 3-Wochen-Urlaub je möglich wär. Hat halt alles seine Vor- und Nachteile.
Viele Grüße,
Sabine
Nathalie says
Du sprichst/schreibst mir aus der Seele! Ich war früher auch immer mit dem Rucksack unterwegs, Südamerika, Mittelamerika, Asien… und dann war das Studium zu Ende und mit der Arbeit begann ich ein wenig Geld zu haben. Backpacken war toll. Aber mir gingen genau die Dinge auf die Nerven, die Du beschreibst. Es begann schleichend: Erst wurden es aus den Mehrbettzimmer Doppelzimmer, die mein heutiger Mann und ich zum Nächtigen wählten. Dann wurde aus dem Gemeinschaftsbad ein Doppelzimmer mit eigenem Bad. Heute sind es Hotels mit Frühstück geworden… wobei wir noch ganz viel Campen fahren mit unserem Bus. Auch mit Kindern. Wobei das Wildcampen auch durch Campingplätze ersetrzt wurde und der Bulli durch einen Sprinter mit Klo an Bord! Ja, so werden wir alle älter :-) Aber schlechter wurde das Reisen dadurch nicht. Wirklich nicht.
Sabine says
Hallo Nathalie,
da geht es uns wohl allen ähnlich, was? :-)
Liebe Grüße,
Sabine
Corinna says
Von den meisten Sachen, kann ich tatsächlich auch ein Lied singen. Das mit den Tütennudeln habe ich aufgegeben, nachdem ich (wegen Vitaminmangel warscheinlich) eine mega fette Erkältung bekommen habe und tagelang flach lag.
Das Alter ist aber, finde ich, kein Grund. Ich hatte durchaus auch Ältere Semester in meinen Dorm-Rooms. Das mit der Familie ist dann eher nachvollziehbar! :)
Sabine says
Hi Corinna,
Du hast natürlich Recht. Das Alter ist nur ein vorgeschobener Grund. Eher gehts um die eigene Bequemlichkeit. Aber die steigt ja bekanntlich mit dem „Alter“, sodass die meisten Älteren etwas komfortabler reisen. Aber im Endeffekt hast Du natürlich Recht: Backpacking ist eine Einstellungssache und nicht vom Alter abhängig.
Viele Grüße,
Sabine
Franzi says
Liebe Sabine, du sprichst mir aus der Seele :-)
Ich bin zwar erst 28, aber trotzdem ein bisschen aus der Backpacker-Zeit herausgewachsen. Dorms mag ich auch nicht, in teuren Reiseländern lassen sie sich aber manchmal leider nicht vermeiden, wenn man länger bleiben möchte. An Essen und Transport würde ich aber heute nicht mehr sparen…
Liebe Grüße
Franzi
Gregório Jones says
Hi Sabine,
ich bin zugegeben ein Dorm-Fan. Bin immer wieder neu erstaunt, wie einfach man dort neue Leute kennenlernt. Zugegeben, es ist auch die anstrengendste Art zu reisen, aber zumindest für ein paar Tage hin und wieder finde ich es großartig. Und sich mit Mitte 30 noch mal wie auf Klassenfahrt zu fühlen hat auch was. ;)
Lieben Gruß
Gregório
Nicole says
Hallo Sabine,
du beschreibst perfekt die Evolution eines Reisenden, habe ich auch durchgemacht :-) Ich war zwar nie als Backpacker für längere Zeit unterwegs, wohl aber mit Rucksack, Zelt und Öffentlichen. Irgendwann sind die Öffentlichen dem Auto gewichen, und mittlerweile nennen wir einen Campervan unser Eigen, mit dem es sich mit Kind bequemer reist als mit Auto und Zelt. Camping ist von der Sache her schon eher günstig, daher drehen wir beim „Drumherum“, also mal Essen gehen zB, mittlerweile auch nicht mehr jeden Cent um. Das Reisen soll ja schließlich Spaß und Erholung bringen.
Liebe Grüße,
Nicole
Sabine says
Hallo Sabine,
du triffst den Kern der Sache: auch als Reisender verändert man sich. Mir geht es genauso, wenn ich früher als Backpacker unterwegs war, war das aufregend und toll, jedoch nicht nur mit sonnigen Momenten. Auch ich liebe mittlerweile etwas mehr Komfort und mit Kindern verändert sich sowieso noch einiges. Es ist doch auch gut, dass man sich eben nicht festlegen muss, sondern jeder seine Reise-Vorlieben (sofern finanziell möglich) ausleben kann…
Liebe Grüße,
Sabine
Claudia says
Ich habe noch nie so extrem ge-bachpackt. Trotzdem war und bin ich mit Rucksack und einem gewissen Budget an Geld und Zeit unterwegs. Hostels hab ich seltsamerweise erst nach einigen Reisen entdeckt und mag sie. Allerdings meide ich nach Nächten im absoluten Dorm-Chaos sowie mal im Mixed-Dorm mit Mensch und Maus „freie“ Hostels. Ich nächtige nur noch bei HI (Hostelling International) zu denen auch unser Jugendherbergsverband gehört. Die sind zwar teuerer, aber tegelmäßig gereinigt und die Infrastruktur ist super. Außerdem könnte man auch ein Familienzimmer buchen, was viele Familien auch tun. So kann man, ob mit oder ohne Familie, im Hostel interessante Leute kennenlernen, wie Gregorio so schön schrieb: https://claowuepotpourri.wordpress.com/2016/04/03/vier-nachte-im-yha-oxford/
Während ich das schreibe liege ich grad auf meinem Bett in der Jugendherberge in Potsdam in einem schönen Viererzimmer und warte noch etwas bis ich unter die Dusche springe, damit ich die anderen nicht zu früh wecke. ;-)
Sabine says
Hallo Claudia,
im Grunde wird einem in Dorms ja eine kostengünstige Übernachtung geboten und die Möglichkeit viele Leute kennenzulernen. Das ist natürlich toll und hat viele Vorteile. Keine Frage. Aber auf Dauer ist es echt anstrengend in diesem Trubel zu leben. So ging es mir auf jeden Fall :-)…und was ich dort alles erlebt habe…HILFEEE. Aber andererseits ging es in meinen Backpacker-WGs in Australien auch ganz schön rund ;-). Es hat halt alles seine Vor- und Nachteile.
Iris says
Moin!
Also ich mag diese Art zu reisen immer noch. Ist kommunikativ. Und günstig. Ein Zelt hat aufgrund der größeren Privatsphäre aber auch was ? Ein eigenes Zimmer verachte ich zwischendurch auch nicht. Aber auf Reisen bin ich eigentlich eh nur zum Pennen da – da lohnt es sich eigentlich nicht. Ansonsten mag ich den WG-Charakter eines Backpackers,etwa beim Frühstück,gern. ;)
Lg
Iris
matthias says
Bis dir die Decke wieder auf den Kopf fällt?