Es ist schone eine Weile her, dass ich in Phnom Penh war. Ich weiß aber noch ganz genau, wie sehr mich die Stadt und ihre Geschichte beschäftigt haben. Es ist keine schöne Geschichte, die Phnom Penh zu bieten hat. Ganz im Gegenteil. Es ist eine Geschichte, die betroffen und sprachlos macht. Es ist eine Geschichte, die man greifen kann, weil sie überall in der Stadt präsent ist.
Man kann sich ihr nicht entziehen und muss sich mit dem Geschehenen auseinandersetzen. Phnom Penh selbst ist eine facettenreiche Stadt, in der die asiatische Kultur auf europäische Einflüsse trifft und eine ganz spezielle Atmosphäre kreiert. Zu diesen Facetten gehört leider auch dieses dunkle Kapitel der Vergangenheit.
Rückblick: Phnom Penh unter den Roten Khmern
Die Roten Khmer rotteten von 1975 bis 1979 fast ein Viertel der Bevölkerung Kambodschas aus. Dreh- und Angelpunkt war Phnom Penh, erstreckte sich jedoch auch auf die ländlichen Gebiete. Das Ziel war die Einführung des Agrarkommunismus. Klassenunterschiede sollten beseitigt werden und die landwirtschaftliche Produktivität erhöht werden. Um die Bauern zu stärken, sollte alles Städtische zerstört werden. Menschen wurden in Arbeitslager geschafft, Intellektuelle wurden mitsamt Familien ermordet, die Religionsausübung verboten, Bücher verbrannt und Geld abgeschafft. Massenmorde waren an der Tagesordnung. Jeder, der sich gegen das Regime stellte, andere Auffassungen vertrat oder mit Ausländern kooperierte, musste um sein Leben fürchten. Erst 1979 wurden die Roten Khmer und ihr Anführer Pol Pot durch vietnamesische Truppen gestürzt. Bis zu 3 Millionen Menschen haben unter dieser Schreckensherrschaft ihr Leben verloren. Auch heute noch sollen die Roten Khmer im Untergrund aktiv sein, jedoch keine unmittelbare Bedrohung mehr darstellen.
Tuol Sleng Museum
Das Tuol Sleng Museum ist eine Kammer des Schreckens. Anders kann man es wirklich nicht nennen. Früher hieß es S21 Genozid Museum, wurde mittlerweile jedoch umbenannt. Einst war es eine Schule und diente Kindern als Bildungseinrichtung. Später, unter der Herrschaft der Roten Khmer, wurde es zu einem Gefängnis umfunktioniert. Klassenzimmer dienten fortan als Gefängniszellen und Folterkammern für sogenannte „Verräter“. Tatsächlich waren dies Intellektuelle und Menschen, die es wagten, das Regime in Frage zu stellen. Die betroffenen Personen wurden mitsamt ihren ganzen Familien angeliefert und wurden in ihren 2 Quadratmeter großen Zellen angekettet. Folter war an der Tagesordnung. Dies beweisen diverse Instrumente, die in dem Museum ausgestellt sind und einzig und allein dem Sinn dienen, Menschen zu quälen. Elektroschocks, Waterboarding, Daumenschrauben und Wasserbottiche waren gängige Praxis, um Insassen zu foltern. Bei einigen der Opfern wurden sogar sinnlose chirurgische Operationen durchgeführt. Es ist wie in einem Horrorfilm und während der Besichtigung bildet sich ein großer Klumpen in meinem Magen. Ich kann es eigentlich gar nicht fassen, was ich dort sehe und bin entsetzt. Aber es geht noch weiter.
Killing Fields
Die Killing Fields liegen etwas außerhalb von Phnom Penh. Wir nehmen uns Mofa-Taxis, um dort hinzugelangen und wagen dann einen Spaziergang über das Gelände. Es ist schön und fast wie ein Park angelegt, doch die Idylle trügt, denn die Killing Fields bestehen aus vielen einzelnen Massengräbern. Die Ausbuchtungen sind in der Erde deutlich erkennbar. Rund 200.000 Menschen wurden auf den Killing Fields umgebracht. Die meisten von ihnen wurden erschlagen, um Munition zu sparen. Anschließend wurden sie in ein Massengrab geworfen. Heute ist ein Großteil der Überreste geborgen und wird in einem Schrein aufbewahrt. Darin sind Schädel und Knochen zu sehen. Hunderte. Tausende. Unzählige. Es herrscht eine gespenstische Stimmung. Wir reden kaum, während wir über das Gelände laufen und den Schrein mit den Überresten begutachten. Vermutlich sind die anderen genauso betroffen wie ich.
Mein Besuch in Phnom Penh hat mich nachhaltig beschäftigt. Wenn ich jetzt an Phnom Penh denke, dann sehe ich uns auf der Terrasse unseres Gasthauses am See sitzen, mit den atemberaubendsten Sonnenuntergängen als Kulisse. Doch ich komme nicht umhin, Phnom Penh auch mit den Roten Khmern in Verbindung zu bringen. Einige Monate später sehe ich ein Interview mit Pol Pot im australischen Fernsehen. Der alte Mann im Bild spricht ruhig und bedacht. Tatsächlich wirkt er freundlich und sympathisch. Wie trügerisch, wenn man bedenkt, dass er mehrere Millionen Menschen auf dem Gewissen hat.
(Es handelt sich um analoge Fotos, deshalb ist die Bildqualität nicht so, wie man es heute gewöhnt ist. Entschuldigt bitte.)
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OnYourPath says
Die Killing Fields kannte ich bis Dato gar nicht. Danke für den Tipp! Da es nächste Woche nach Phnom geht habe ich diesen Beitrag ja noch rechtzeitig gesehen ;) Was würdest du sonst noch als Must See in Phnom Penh empfehlen? LG Armin